Während der 107. Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode werden der amtierende Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, und der amtierende Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Dr. Bruno Kahl aussagen.
Die Rolle, die der deutsche Auslandsnachrichtendienst im Umfeld des späteren mutmaßlichen Terroristen Anis Amri gespielt hat, wirft zusätzlich Fragen auf: im September und Oktober 2016 hatte der Marokkanische Geheimdienst Bundesnachrichtendienst und Bundeskriminalamt von dem durch Anis Amri ausgehenden Gefahrenpotential in Kenntnis gesetzt.
Wie in einem Beitrag des rbb mitgeteilt wurde, hatte der marokkanische Geheimdienst beiden Sicherheitsbehörden außerdem Informationen geliefert zu einer aktiven Einbindung Amris in den IS und einer im November 2016 in Betrieb gehaltenen Prepaid-Handynummer über die der Tunesier ab dem 21. November 2016 auch geortet worden war.
Dieser Bericht widerspricht öffentlichen Mitteilungen, denen zufolge eine Verortung Amris ab Herbst 2016 bis zur Ausübung des Terroranschlags nicht möglich gewesen sei.
Den Aussagen verschiedener Zeugen zufolge hatten sich Vertreter des deutschen Inlandsnachrichtendienstes während einer Sitzung des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums (GTAZ) bereit erklärt, den Hinweisen aus Marokko nachzugehen um nachfolgend die aktualisierte Erkenntnislage im Zuständigkeitsbereich anderer Sicherheitsbehörden zu teilen. Dieser Verantwortung war das Bundesamt für Verfassungsschutz jedoch nicht nachgekommen.
Dabei hätte die Bestätigung einer existierenden Einbindung Amris in den Islamischen Staat eine fortgesetzte nachrichtendienstliche Priorisierung des Tunesiers gesichert.
Willkürliche oder zufallsorientierte Unternehmungen ausgeführt durch eine Person prioritärer politischer Interessen, die Amri als aktiver Kontakt des IS auf deutschem Hoheitsgebiet darstellte, hätten ohne eine analoge Kenntnisnahme nachrichtendienstlicher Einrichtungen nicht realisiert werden können.
Die Fragen, wieweit der Ermittlungsradius des deutschen Auslandsnachrichtendienstes in die im Zuständigkeitsbereich des BfV gelegenen causa Amri hineinreichte, welche Interessenslagen sich im Umfeld des Islamisten abzeichneten und welchen Konflikten dadurch Raum gegeben wurde, blieben bislang offen. Auch die Frage, warum einem aktiven Vertreter des IS in Deutschland strafrechtliche Immunität zugestanden wurde, bleibt weiterhin ungeklärt.
Erkennbar wurden bislang grundsätzlich unterschiedliche Ermittlungsansätze und die Zielsetzung derer, die sie führten.