Anschreiben an den Deutschen Bundestag (gesendet zwischen dem 18. Juli und 3. August 2022)

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

der militärische Angriff auf einen an die Europäische Union angrenzenden Staat hat die politische Aufwertung und eine wesentliche militärische Stärkung der Organisation des Nordatlantikvertrags provoziert. Eine Entwicklung, die sich grundsätzlich positiv auf die militärischen Handlungsräume der USA auswirkt.

Zentralisierte Entscheidungen innerhalb der staatlichen Verwaltung, eine dadurch bedingte hohe politische und wirtschaftliche Dynamik und ein signifikanter Bestand volkswirtschaftlicher Ressourcen haben der Volksrepublik China einen kontinuierlichen wirtschaftlichen und politischen Aufschwung und einen anhaltenden Vorsprung im internationalen Wettbewerb ermöglicht. Durch diese Entwicklung hat China auch neue außenpolitische Potentiale erhalten, die von der chinesischen Regierung im Interesse der ihr eigenen Expansionspolitik genutzt und weiterentwickelt werden.

Die dadurch generierte und sich intensivierende politische Rivalität zwischen leitenden US-amerikanischen Behörden und der chinesischen Regierung hat in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer wesentlichen Neustrukturierung US-amerikanischer Regierungs- und Verwaltungsstrukturen beigetragen. Dieser Prozess hat sich grundlegend auf die US-amerikanische Innenpolitik und auf die Entwicklung der Außenpolitik und die Haltung der USA gegenüber Drittstaaten im Allgemeinen ausgewirkt.

Diese politische Entwicklung wird international durch geheimdienstliche Strukturen unterstützt. Der strukturelle Aufbau nachrichtendienstlicher Behörden stellt die hierfür erforderliche Infrastruktur in Informations- und Kommunikationssystemen von Drittstaaten bereit.

Ohne die Möglichkeit einer zentralisierten Steuerung außenpolitischer Prozesse und einer durch diese Zielsetzung geprägten intensivierten politischen Eingliederung von Bündnispartnern in die eigene staatliche Ordnung und die in diesem Kontext dominierenden Interessen, verfügen die USA nicht über die erforderlichen Ressourcen, um sich dem Konflikt gegen die Volksrepublik China militärisch stellen zu können.

Bei der Annahme des Eintritts einer solchen Entwicklung muss vom Eintritt eines Nuklearkrieges ausgegangen werden.

Die primäre Zielsetzung der Vorbereitungen eines solchen Szenarios besteht nicht im Ausbau einer militärischen Infrastruktur und in der Erhöhung der Investitionen in das militärische Potential (Aufrüstung) der an diesem Konflikt potentiell beteiligten Staaten. Die primäre strategische Vorbereitung eines Nuklearkrieges besteht in einer Vergrößerung der geographischen Angriffsfläche.

Ein solches Szenario würde insbesondere Metropolregionen und dichtbesiedelte Staaten schwerwiegenden Risiken aussetzen.

Die in einem solchen Szenario bestehende konkrete Bedrohung ließe sich für dichtbesiedelte Staaten und Metropolregionen nicht eingrenzen. Ein solches Szenario würde die Evakuierung von Millionen von Menschen erforderlich machen. Unter Berücksichtigung der hierfür erforderlichen Infrastruktur ist davon auszugehen, dass eine entsprechende Evakuierung nicht möglich wäre.

Europa braucht eine eigene nachrichtendienstliche Infrastruktur um übergeordnete innen- und außenpolitische Interessen der (europäischen) Staatengemeinschaft sichern zu können. Voraussetzung dafür ist die Sicherstellung der Anbindung sämtlicher in Europa vertretener Nachrichtendienste an die nationalen Interessen ihrer Auftragsstaaten.

Ohne eine grundsätzliche innenpolitische Reform der Sicherheitsarchitektur europäischer Staaten werden unter den sich gravierenden Bedingungen der gegenwärtigen Entwicklung internationaler Beziehungen weder die Europäische Union noch die durch sie verbundenen Staaten die Integrität ihrer politischen Interessen sichern können.

Hochachtungsvoll

Sarah Körfer

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