Ein häufiges Szenario während der Sitzungen der Untersuchungsausschüsse ist wie folgt: Ein geladener Zeuge wird vernommen und weigert sich, weiterführende Aussagen zu machen. Daraufhin wiederholen einige Ausschussmitglieder die inhaltlich unbeantworteten Fragen um die Sitzung doch noch nutzen und den ihnen anvertrauten Auftrag erfüllen zu können. Das kostet Zeit. Davon abgesehen wird die auf wenige Minuten begrenzte Fragezeit der durch die Abgeordneten im Ausschuss vertretenen Fraktionen regelmäßig unterbrochen. Werden inhaltlich unbeantwortete Fragen über mehrere Runden wiederholt (im Regelfall nicht mehr als zwei Runden), werden die Ausschussmitglieder durch die anwesenden behördlichen Kollegen des Zeugen abgemahnt. Wenn das nicht ausreicht springt der Vorsitzende ein: „Das ist kein polizeiliches Verhör!“ wie Armin Schuster den Anwesenden ins Gedächtnis ruft. Und er hat Recht: die Zeugen können ihre Aussage verweigern oder inhaltlich belanglose Angaben machen. Durch externe Instanzen überprüft werden können die Angaben ohnehin nicht. Darüber hinaus haben weder die Zeugen noch die untersuchten Behörden strafrechtliche Konsequenzen zu fürchten. Wenn es doch eng wird, schalten sich im Untersuchungsausschuss anwesende Beamte der untersuchten Nachrichtendienste ein. Und auch wenn es tatsächlich keine strafrechtlich relevanten Ermittlungen sind, die hier geführt werden, tauchen deren als Zeugen vor die Ausschüsse geladenen Mitarbeiter nie ohne hochdotierten anwaltlichen Beistand auf. Einer dieser Juristen, der die Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz vor dem Untersuchungsausschuss in der Affäre „Terroranschlag Breitscheidplatz“ vertritt, ist Daniel Krause. Daniel Krause, Jahrgang 1968, ist ein Strafverteidiger in Wirtschaftsstrafsachen und vertritt normalerweise Industriegrößen wie den VW Konzern in der Diesel-Affäre. Wenn er bei einer Frage Zeit für eine Antwort braucht, reibt sich Krause die Nase. Und obwohl er sein Terrain gut kennt, reibt er sich einige Male die Nase, als ich ihn während ein paar der Unterbrechungen des Untersuchungsausschusses anspreche und ihn nach seinen Mandanten frage. Besonders originell sind seine Antworten trotzdem nicht. „Für so viel das nicht passiert“ wolle man seinen Mandanten für die eine Sache in die Verantwortung nehmen die dann eben doch passiert ist. Was der Anwalt bei seiner Schilderung außer Acht lässt, ist die Tatsache, dass sich die Einrichtung einer äußerst kostspieligen und mit den Mitteln eines Rechtsstaates nicht zu kontrollierenden Behörde wie dem Bundesamt für Verfassungsschutz einzig dadurch erklären lassen würde, eben solche Vorfälle präventiv zu verhindern. Informationen, die eine entsprechende Prävention als einen Akt hochkomplexer Agententätigkeit darstellen, werden lediglich durch die Aufsichtsbehörde der Bundesnachrichtendienste veröffentlicht. Aber auch diese Angaben können durch externe Instanzen nicht effektiv überprüft werden. Was dagegen trotz systematischer Einschränkungen in mühsamer Arbeit zusammengetragen werden kann, sind die informativen Bruchstücke aus denen sich das immer deutlicher in Erscheinung tretende Mosaik der Zusammenhänge rund um den Terroranschlag zusammensetzt. Und das Bild welches diese Erkenntnisse ergeben, wirft kein gutes Licht auf die Arbeit der Bundesnachrichtendienste. Im Gegenteil: die Ereignisse rund um das am 19. Dezember 2016 auf dem Berliner Breitscheidplatz verübte Attentat welches zwölf Menschen das Leben kostete und den Alltag duzender weiterer Betroffener nachhaltig beeinträchtigt, legen eine Vorsätzlichkeit im Behördenhandeln nahe. Denn der Terroranschlag hat tatsächlich verdeutlicht, dass die „Situation der inneren Sicherheit“ eine wesentliche Beeinträchtigung für die Sicherung des Rechtsstaats und den unbedingten Einhalt des Grundgesetzes in Bundesbehörden mit sich bringt. Kontrollieren lässt sich die Einhaltung der Gesetze in diesen Behörden ohnehin nicht –aber wem, wurde ich einmal von einem Parlamentarier gefragt, würden gesetzliche Überschreitungen im Behördenhandeln auch nutzen?