47. Sitzung des Untersuchungsausschuss ‚Terroranschlag Breitscheidplatz‘

Zur nächsten Sitzung des Untersuchungsausschusses Terroranschlag Breitscheidplatz am 4. April 2019 werden vier Zeugen aus dem Bundeskriminalamt geladen. Dabei soll der 2015 geführte Ermittlungsvorgang mit dem Codenamen „Eisbär“ behandelt werden. Gerichtet hatte sich die Ermittlungskommission gegen drei Tunesier, die sich über den fraglichen Zeitraum in Berlin aufgehalten hatten und in Verdacht gestanden hatten einen Sprengstoffanschlag vorzubereiten. Dabei stand die Ermittlungskommission im Zusammenhang mit einem weiteren Projekt des BKA, dem Gefahrenabwehr-Vorgang „Lacrima“.

„Lacrima“ hatte sich gegen sieben tunesische Staatsangehörige gerichtet, die mit der Absicht ein Attentat zu begehen im Oktober 2014 in die Bundesrepublik eingereist waren und gegen die das BKA seit Februar 2015 Ermittlungen geführt hatte. Die Gruppe stand unter der Führung des deutschen Salafisten Denis Cuspert, der in Syrien dem Islamischen Staat (IS) gedient hatte. Durch die Observation der Gruppe wurden Pläne offengelegt, denen zufolge ein mit Sprengstoffen gefüllter Koffer von Tunesien nach Deutschland geschleust werden sollte. Als aber am 26. November 2015 der Zugriff durch Beamte des Berliner Landeskriminalamtes erfolgte, konnte der Koffer zwar sichergestellt werden –dessen Inhalt allerdings bestand ausschließlich aus Datteln und Rosenwasser. So endete die Ermittlungskommission in einem Fiasko für die Berliner Polizei.

Im Rahmen der Ermittlungskommission war auch der Terrorverdächtige Bilal Ben-Amar überwacht worden (der auch im Fokus der 47. Sitzung des Untersuchungsausschuss stehen soll). Verschiedenen Medienberichten zufolge war Ben-Amar ein Mittäter bei dem auf dem Breitscheidplatz verübten Terroranschlag und hatte anschließend die Flucht des Attentäters gedeckt.

Als im Dezember 2015 Polizeibeamte Ben-Amar in dessen Unterkunft aufgesucht hatten, waren sie bei ihrem Einsatz auch dem späteren Attentäter A. Amri begegnet. Der hatte sich den Beamten zu dieser Gelegenheit unter falscher Identität („Al Masri“) als ägyptischer Staatsangehöriger vorgestellt. Nachdem die Beamten des BKA am 23. Dezember 2015 Informationen zu dessen Person bei den italienischen Behörden angefordert hatten, konnte am 29. Dezember 2015 die Identität des späteren Attentäters A. Amri durch deutsche Sicherheitsbehörden anhand von Fotos eindeutig festgestellt werden.[1]

Auch an der Ermittlungskommission Eisbär beteiligt war der BKA-Beamte Kriminaldirektor Dr. Dominik Glorius. Er hatte auch Teilhabe an der Aufbauorganisation (BAO) „City“ mit der man nach dem Anschlag die Spuren des Attentäters in Berlin ermittelt hatte. In diesem Rahmen hatte man auch Bilal Ben-Amar vernommen, der allerdings im Februar 2017 nach Tunesien abgeschoben worden war (darüber, ob der aktuelle Aufenthalt des wichtigen Zeugen Ben-Amars den Behörden bekannt ist werden weiterhin Auskünfte verweigert). Am 4. April soll der Kriminaldirektor im Untersuchungsausschuss Fragen zur Vernehmung Ben-Amars und dessen weiterhin unerklärlicher Abschiebung beantworten.

Befragt werden sollen außerdem die Hauptkommissarin Karin van Elkan; zwei weitere Zeugen, die Beamten C. und D., die für die Betreuung involvierter V-Leute verantwortlich waren, werden aufgrund der Vertraulichkeitseinstufung ihres Tätigkeitsfeldes im nichtöffentlichen Teil der Sitzung aussagen.

 

[1]Somit war der spätere Attentäter des Berliner Breitscheidplatz ein Jahr vor Begehung des Terroranschlags sicherheitsbehördlich identifiziert worden. Ein Zeuge aus dem sicherheitsbehördlichen Umfeld hatte darüber hinaus angegeben, dass es im fraglichen Zeitraum keine potentiell islamistischen Personen vergleichbarer Gefährlichkeit im Berliner Raum gegeben habe. Warum Amri dennoch ein Jahr später den bislang schwersten islamistischen Terroranschlag in der Bundesrepublik hatte begehen können bleibt weiterhin ungeklärt.

 

Quelle: Deutscher Bundestag, Textarchiv „Umgang der Düsseldorfer Strafverfolger mit dem Attentäter Amri im Fokus“: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw12-pa-ua-amri-628466

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