Am 14. November 2019 sagte die Kriminaloberkommissarin S. vor dem Untersuchungsausschuss ‚Terroranschlag Breitscheidplatz‘ aus.
Die 39-jährige Beamtin war im Sommer 2015 als Sachbearbeiterin in der Ermittlungskommission „Ventum“ tätig. Die EK Ventum wurde gegen den Hildesheimer Hassprediger Abu Walaa und den „Deutschen Islam-Kreis“ geführt. Im Umfeld dieser Ermittlungen war auch der Verbindungsbeamte „VP01“ eingesetzt worden. Durch den Informanten war spätestens im November 2015 der Hinweis erfolgt, dass der in der Ermittlungskommission Ventum zunächst als „Nachrichtenmittler“ geführte Anis Amri in der radikalislamischen Gruppe verkehrte.
Kurz nachdem die 69. Sitzung des Untersuchungsausschusses ‚Terroranschlag Breitscheidplatz‘ um 13:27 Uhr eröffnet wird, stellt sich die Kriminaloberkommissarin S. als erste Zeugin vor. Die Zeugin gibt an, Mitte November 2015 erstmalig von Anis Amri gehört zu haben: „Erstmalig kam der Name Anis von VP01“ gibt die Zeugin an. Dabei habe Amri aktiv Kontakte zu radikalen Islamisten gesucht und im November desselben Jahres geschrieben, dass er „ein Ding machen möchte wie in Paris.“ Daraufhin sei der Leiter der Ermittlungskommission mit dem Generalbundesanwalt über verschiedene „Maßnahmen“ zur Gefahrenabwehr übereingekommen –darunter die Erhebung von Verbindungsdaten und Informationen durch die Vertrauensperson. Die Frage des Abgeordneten Ullrich ob der Anfangsverdacht ausgereicht habe, beantwortet die Zeugin ausweichend: „da hatte ich keinen Einfluss drauf“ und verweist auf ihren Vorgesetzten. „Durch die Maßnahmen die wir angeregt haben, haben wir das Spektrum ausgenutzt.“
Das für die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat vorgesehene Strafmaß im Sinne von § 89a StGB beträgt im Mindestmaß sechs Monate, im Höchstmaß eine zehn-jährige Haftstrafe. Der von Amri geplante Anschlag sollte sich an den Attentaten von Paris orientiert haben –daher lag ein besonders schwerer Fall der Anschlagsplanung vor.
Auch die Aufnahme von Beziehungen zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat selbst wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet. Warum gegen Ende des Jahres 2015 dennoch kein Strafverfahren gegen den späteren Attentäter eingeleitet worden war und die vorliegenden Beweise durch die ermittelnden Behörden als juristisch unzureichend eingestuft wurden, kann weiterhin nicht beantwortet werden.
Der Aussage der Zeugin zufolge bestand bereits zum damaligen Zeitpunkt eine „erhöhte Nachfrage“ im sicherheitsbehördlichen Bereich „Islamismus“. Die Fälle, die mit denen von Amri vergleichbar gewesen wären seien jedoch nicht einmal zweistellig gewesen gibt die Zeugin auf die Anfrage eines Abgeordneten an.